Erbbaurecht: Steuerpflichtigkeit der Rückübertragung

Ein Erbbaurecht ist eine interessante Sache. Oftmals wird ein Grundstück für einen längeren Zeitraum gepachtet, um beispielsweise ein Haus darauf zu errichten. So spart man sich den Kaufpreis für ein Grundstück, muss dafür aber einen Pachtbetrag zahlen. Wie ist es aber, wenn man ein Erbbaurecht vorzeitig rücküberträgt und dafür eine Entschädigungszahlung für die entgangenen Pachteinnahmen erhält. Das Finanzgericht Hessen (FG) musste entscheiden, ob diese Zahlung steuerpflichtig ist oder nicht.

Ein Erbbaurecht ist eine interessante Sache. Oftmals wird ein Grundstück für einen längeren Zeitraum gepachtet, um beispielsweise ein Haus darauf zu errichten. So spart man sich den Kaufpreis für ein Grundstück, muss dafür aber einen Pachtbetrag zahlen. Wie ist es aber, wenn man ein Erbbaurecht vorzeitig rücküberträgt und dafür eine Entschädigungszahlung für die entgangenen Pachteinnahmen erhält. Das Finanzgericht Hessen (FG) musste entscheiden, ob diese Zahlung steuerpflichtig ist oder nicht.

Die Klägerin ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, bei der eine Betriebsprüfung durchgeführt wurde. Hierbei ging es unter anderem um die entgeltliche Rückübertragung eines Erbbaurechts, welches der Klägerin zuvor eingeräumt wurde. Die Klägerin hatte die Raten für den Rückkauf steuerlich nicht berücksichtigt. Sie war der Ansicht, dass der Rückkauf erst nach Ablauf von zehn Jahren erfolgt sei und sie den Marktwert realisiert habe, der sich an den noch zu erzielenden Einnahmen während der noch bevorstehenden Laufzeit des Erbbaurechts orientiert habe. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, es handele sich um Entschädigungszahlungen, die als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen seien.

Die Klage vor dem FG war unbegründet. Die Zahlungen für die Rückübertragung des Erbbaurechts wurden durch das Finanzamt zutreffend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet. Sie wurden als Entschädigung für die Aufgabe des Pachtverhältnisses gezahlt. Durch die Rückübertragung des Erbbaurechts konnte der Pachtvertrag mit dem Pächter nicht mehr fortgesetzt werden und wurde vorzeitig beendet. Allerdings flossen weiterhin Zahlungen. Diese dienten als Ersatz für die entfallenden Pachteinnahmen. Sie sind somit als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung steuerpflichtig.

Hinweis: Nach Überzeugung des Senats steht dieser Wertung nicht entgegen, dass eine Drucksituation der Klägerin bei Vertragsschluss nicht erkennbar ist. Die Besteuerung der Entschädigung setzt auch keine Drucksituation voraus.

Information für: Hausbesitzer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 10/2024)

Hamburg: Steuerfahndung nimmt Sicherheitsdienste ins Visier

In zwei groß angelegten Aktionen ist der Steuerfahndung Hamburg ein Schlag gegen organisierte, teilweise international agierende Tätergruppen im Bereich des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes gelungen.

In zwei groß angelegten Aktionen ist der Steuerfahndung Hamburg ein Schlag gegen organisierte, teilweise international agierende Tätergruppen im Bereich des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes gelungen.

In einem ersten groß angelegten Einsatz haben die Steuerfahndungen in Hamburg und in Bulgarien Ende Juni 2024 an insgesamt 16 Orten in Hamburg, Oldenburg, Neumünster sowie an vier Orten in Bulgarien Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. An dem Einsatz waren mehr als 100 Beamte der Steuerfahndung Hamburg und Oldenburg sowie bulgarische Behörden beteiligt. Außerdem konnten in Zusammenarbeit mit der europäischen Strafverfolgungsbehörde EUROJUST drei europäische Haftbefehle gegen in Bulgarien wohnende Tatverdächtige erwirkt werden. Die bulgarische Polizei konnte die Verdächtigen ausfindig machen und verhaften.

Die Ermittlungen richten sich derzeit gegen die Verhafteten und drei weitere Beschuldigte im Alter von 27 bis 51 Jahren. Ihnen wird vorgeworfen, mehrere Scheinfirmen zum Zwecke der Steuerhinterziehung gegründet zu haben. Nach derzeitigem Ermittlungsstand haben die Rechnungsempfänger die auf Scheinrechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuern als Vorsteuer abgezogen und so ihre Steuerlast verkürzt, obwohl den Zahlungen keine erbrachten Leistungen zugrunde lagen. Nach den bisherigen Erkenntnissen geht es in diesem Komplex insgesamt um eine Schadenssumme von ca. 4,5 Mio. EUR an hinterzogener Umsatzsteuer.

In Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt Hamburg und unter Beteiligung von insgesamt 143 Steuer- und Polizeibeamten wurde im Rahmen eines zweiten Einsatzes eine groß angelegte Durchsuchung bei sechs anderen Beschuldigten im Alter von 29 bis 43 Jahren an insgesamt 40 Orten durchgeführt. Hier geht es ebenfalls um den Vorwurf der Steuerhinterziehung sowie der Geldwäsche. Das Schadensvolumen beläuft sich in diesem Fallkomplex auf ca. 4,1 Mio. EUR an hinterzogener Umsatzsteuer.

Die Großeinsätze waren das Ergebnis monatelanger Ermittlungen; die Auswertung der sichergestellten Beweismittel dauert weiterhin an.

Hinweis: Dass die Ermittlungen der Steuerfahndung in diesen Bereichen zu hohen Haftstrafen führen, zeigte ein kürzlich vor dem Landgericht Hamburg beendeter Prozess gegen sechs Hauptangeklagte, die wegen Steuerhinterziehung zu Haftstrafen zwischen zwei Jahren und drei Monaten und bis zu acht Jahren verurteilt worden waren. In diesen Fällen ging es um betrügerisch eingesetzte Rechnungsketten im Bereich des Gerüstbaus und ein Schadensvolumen von insgesamt ca. 6 Mio. EUR an hinterzogener Umsatzsteuer.

Information für: Unternehmer
zum Thema: übrige Steuerarten

(aus: Ausgabe 10/2024)

Corona-Hilfen für Selbständige: Auch später zurückgezahlte Leistungen zählen zum beitragspflichtigen Einkommen

In den vergangenen Jahren hatte der Staat unterschiedliche Programme aufgelegt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie abzufedern. Mit dem Programm "Soforthilfe Corona" wurden beispielsweise Unternehmen und Selbständige unterstützt, die sich im Frühjahr 2020 unmittelbar infolge der Corona-Pandemie in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Lage befunden und massive Liquiditätsengpässe erlitten hatten. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat nun klargestellt, dass auch diese Mittel dem sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrecht unterfallen - auch wenn sie später wieder zurückgezahlt werden müssen.

In den vergangenen Jahren hatte der Staat unterschiedliche Programme aufgelegt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie abzufedern. Mit dem Programm "Soforthilfe Corona" wurden beispielsweise Unternehmen und Selbständige unterstützt, die sich im Frühjahr 2020 unmittelbar infolge der Corona-Pandemie in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Lage befunden und massive Liquiditätsengpässe erlitten hatten. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat nun klargestellt, dass auch diese Mittel dem sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrecht unterfallen - auch wenn sie später wieder zurückgezahlt werden müssen.

Geklagt hatte ein hauptberuflich Selbständiger, der im April 2020 von der Landeskreditbank Baden-Württemberg einen Zuschuss in Höhe von 4.500 EUR aus dem Programm "Soforthilfe Corona" erhalten hatte. Dieser Zuschuss war von dem zuständigen Finanzamt mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 als Teil der Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigt worden. Die Kranken- und Pflegeversicherung des freiwillig krankenversicherten Selbständigen hatte den Zuschuss daraufhin auch der Beitragsberechnung zugrunde gelegt.

Hiergegen wandte sich der Mann, der den Zuschuss im Jahr 2023 wieder zurückzahlen musste, da er die Bewilligungsvoraussetzungen nicht erfüllt hatte. Er machte mit seiner beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage insbesondere geltend, dass der Zuschuss wie ein Darlehen zu bewerten sei und deshalb keine Beitragspflicht in der Sozialversicherung auslöse.

Nachdem das SG in erster Instanz die Klage abgewiesen hatte, blieb der Selbständige nun auch mit seiner Berufung beim LSG erfolglos. Das Gericht erklärte, dass zu den beitragspflichtigen Einnahmen die im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb zählten, die als Arbeitseinkommen beitragspflichtig seien. Das Arbeitseinkommen war danach nicht um den vom Kläger im Jahr 2020 von der L-Bank erhaltenen Zuschuss zu reduzieren.

Insbesondere handelte es sich hierbei nicht um ein Darlehen, sondern um einen Zuschuss, der vom Grundsatz her nicht zurückzuzahlen war. Mit einer etwaig bestehenden Rückzahlungsverpflichtung sollte nur im Einzelfall eine "Überkompensation" vermieden werden. Damit war der Zuschuss aus dem Programm "Soforthilfe Corona" aber schon im Grundsatz als "nicht zurückzahlbarer verlorener Zuschuss" und gerade nicht als Darlehen oder dergleichen ausgestaltet.

Hinweis: Die Kranken- und Pflegeversicherung hatte im Prozess zutreffend darauf hingewiesen, dass der Selbständige den Zuschuss im Jahr der Rückzahlung wieder einkommensmindernd beim Finanzamt geltend machen kann. Diese Gewinnminderung führt dann wieder zu einer entsprechend geringeren Beitragsbemessungsgrundlage bei der Kranken- und Pflegeversicherung.

Information für: Unternehmer
zum Thema: -

(aus: Ausgabe 10/2024)

Mitarbeiteraktien: Wann ein Freibetrag (nicht) berücksichtigt werden kann

Wenn Sie Ihren Mitarbeitern verbilligt oder sogar unentgeltlich Kapitalbeteiligungen am Unternehmen anbieten, können diese teilweise von der Steuer befreit sein. Der Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen wurde zum 01.01.2024 auf 2.000 EUR angehoben. Im Streitfall musste das Finanzgericht Düsseldorf (FG) darüber entscheiden, ob der Freibetrag berücksichtigt werden kann oder nicht.

Wenn Sie Ihren Mitarbeitern verbilligt oder sogar unentgeltlich Kapitalbeteiligungen am Unternehmen anbieten, können diese teilweise von der Steuer befreit sein. Der Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen wurde zum 01.01.2024 auf 2.000 EUR angehoben. Im Streitfall musste das Finanzgericht Düsseldorf (FG) darüber entscheiden, ob der Freibetrag berücksichtigt werden kann oder nicht.

Die Klägerin, ein Tochterunternehmen der Z, unterhielt für ihre Mitarbeiter ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm, an dem auch Mitarbeiter der Z teilnehmen konnten. Von dem Programm ausgenommen waren aber Mitarbeiter in ruhenden Arbeitsverhältnissen (z.B. Elternzeit), geringfügig Beschäftigte und Auszubildende. Bei einer Änderung des Beschäftigungsstatus in einer laufenden Teilnahmeperiode konnte die Teilnahme ab diesem Zeitpunkt ruhen bzw. auch wieder aufleben. Teilnahmeberechtigte Mitarbeiter konnten einen Teil ihres Gehalts für Vorzugsaktien verwenden.

Die Klägerin beließ im Zeitraum 2015 bis 2018 den geldwerten Vorteil bis zum geltenden Maximalbetrag steuerfrei. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung widersprach das Finanzamt jedoch der Steuerfreiheit.

Die Klage vor dem FG war unbegründet. Die Klägerin sei zu Recht für die nichtabgeführte Lohnsteuer in Haftung genommen worden. Der erlassene Haftungsbescheid sei auch frei von Ermessensfehlern. Die Klägerin hafte, da sie die Lohnsteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) nicht einbehalten habe. Die Klägerin habe nicht allen Arbeitnehmern eine Beteiligung am Mitarbeiterbeteiligungsprogramm zugestanden.

Nach Ansicht des Gesetzgebers solle aber keine Differenzierung zwischen den Beschäftigungsgruppen erfolgen, vielmehr sollten alle Mitarbeiter gleichbehandelt werden. Zwar sei eine sachliche Differenzierung innerhalb der Personengruppen zulässig, allerdings dürfe diese nicht zum Ausschluss etwa aller Auszubildenden und geringfügig Beschäftigten führen. Die Einbeziehung ruhender Arbeitsverhältnisse sei jedoch nicht notwendig.

Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 10/2024)

Klärung durch den EuGH: Feste Niederlassung im Ausland innerhalb von Konzernstrukturen?

Die Frage, ob eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Konzerngesellschaft eine feste Niederlassung des ausländischen Konzernunternehmens begründen kann, hat in der Vergangenheit immer wieder zu Unsicherheiten und rechtlichen Auseinandersetzungen geführt. Das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) befasst sich mit wesentlichen Aspekten dieser Problematik und schafft Klarheit für Unternehmen, die grenzüberschreitende Dienstleistungen innerhalb eines Konzerns erbringen.

Die Frage, ob eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Konzerngesellschaft eine feste Niederlassung des ausländischen Konzernunternehmens begründen kann, hat in der Vergangenheit immer wieder zu Unsicherheiten und rechtlichen Auseinandersetzungen geführt. Das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) befasst sich mit wesentlichen Aspekten dieser Problematik und schafft Klarheit für Unternehmen, die grenzüberschreitende Dienstleistungen innerhalb eines Konzerns erbringen.

Im Urteilsfall ging es um die rumänische Gesellschaft R, die Dienstleistungen an die deutsche Gesellschaft D erbrachte. R verarbeitete Rohstoffe, die D bereitstellte, und unterstützte beim Verkauf der fertigen Produkte, die D von Rumänien aus an Kunden weltweit lieferte. R ging davon aus, dass diese Dienstleistungen am Sitz der D in Deutschland steuerbar seien. Die rumänische Finanzverwaltung hingegen vertrat die Ansicht, dass D über eine feste Niederlassung in Rumänien verfüge, und forderte Umsatzsteuer nach.

Der EuGH stellte klar, dass eine Konzerngesellschaft nicht allein aufgrund einer vertraglichen Beziehung und der Zugehörigkeit zur selben Unternehmensgruppe als feste Niederlassung des ausländischen Unternehmens angesehen werden kann. Die Begründung einer festen Niederlassung erfordert eine beständige Struktur, die über ausreichend personelle und technische Ausstattung verfügt, um autonom Leistungen zu erbringen oder zu empfangen.

Wesentlich ist, dass die personelle und technische Ausstattung der festen Niederlassung sich von der des Dienstleisters unterscheidet. Bloße Hilfstätigkeiten oder vorbereitende Tätigkeiten reichen nicht aus, um eine feste Niederlassung zu begründen. Im Streitfall ging die rumänische Finanzverwaltung daher zu Unrecht davon aus, dass die Ausstattung und Struktur von R eine feste Niederlassung von D in Rumänien darstellt.

Hinweis: Die Entscheidung des EuGH bringt nun für Konzerne Klarheit. Sie zeigt, dass die bloße Existenz einer Konzernbeziehung oder ein Dienstleistungsvertrag zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen nicht automatisch zu einer steuerlichen Niederlassung im Ausland führt. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre internationalen Strukturen und vertraglichen Vereinbarungen überprüfen sollten, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen des EuGH entsprechen.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Umsatzsteuer

(aus: Ausgabe 10/2024)

Vorsteuererstattungsverfahren: Berücksichtigung nach Ablauf der Monatsfrist eingereichter Unterlagen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 16.05.2024 die Frage untersucht, inwieweit einem Vorsteuererstattungsantrag stattgegeben werden muss, wenn der Steuerpflichtige die angeforderten Unterlagen erst nach Ablauf der in der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) vorgesehenen Monatsfrist nachreicht.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 16.05.2024 die Frage untersucht, inwieweit einem Vorsteuererstattungsantrag stattgegeben werden muss, wenn der Steuerpflichtige die angeforderten Unterlagen erst nach Ablauf der in der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) vorgesehenen Monatsfrist nachreicht.

Ein Unternehmen mit Sitz in der Slowakei führte Montage- und Installationsarbeiten in einem Kraftwerk in Ungarn durch. Im Rahmen des Vorsteuererstattungsverfahrens beantragte es die Erstattung ihm in Rechnung gestellter ungarischer Vorsteuer. Hieraufhin forderte die ungarische Steuerbehörde die Einreichung einer Reihe von Unterlagen innerhalb eines Monats an. Da diese aber erst zweieinhalb Monate später eingereicht wurden, stellte die Steuerbehörde das Verfahren zur Erstattung ein.

Trotz eines Einspruchs und der nachgereichten Unterlagen bestätigte die zweitinstanzliche Steuerbehörde die erstinstanzliche Entscheidung und verwies auf eine nationale Vorschrift, welche die Vorlage neuer Beweise im Einspruchsverfahren untersagt. Daraufhin erhob das Unternehmen Klage.

Der EuGH betonte, dass das Recht auf Vorsteuerabzug ein Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstellt und grundsätzlich zu gewähren ist, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind. Mitgliedstaaten können zwar Informationen und Unterlagen anfordern, wenn sie nicht über alle relevanten Informationen verfügen. Diese Informationen sind gemäß der MwStSystRL innerhalb eines Monats ab Erhalt der Anfrage zu übermitteln. Diese Monatsfrist stellt jedoch keine Ausschlussfrist dar.

Im Besprechungsfall wurden die angeforderten Unterlagen erst im Rahmen des Einspruchs vorgelegt. Die nationale Vorschrift, die die Berücksichtigung neuer Informationen im Einspruchsverfahren untersagt, widerspricht dem Unionsrecht. Diese Vorschrift verhindert systematisch den Vorsteuerabzug, auch wenn alle materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Da die Monatsfrist keine Fallfrist ist, kann der Antrag auf Vorsteuererstattung nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil die Unterlagen nach Ablauf der Monatsfrist eingereicht wurden, sofern dadurch die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nachgewiesen werden.

Hinweis: Zudem widerspricht die beanstandete nationale Regelung dem "Grundsatz der guten Verwaltung", der eine sorgfältige und unvoreingenommene Prüfung aller relevanten Gesichtspunkte durch die Verwaltungsbehörde verlangt.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Umsatzsteuer

(aus: Ausgabe 10/2024)

Kampf gegen Steuerhinterziehung: 111 Staaten nehmen am Austausch von Kontodaten teil

Die Zeiten, in denen Finanzbehörden kaum an steuerlich relevante Informationen aus dem Ausland kamen, sind längst vorbei. Bereits im Oktober 2014 unterzeichneten 51 Staaten eine Vereinbarung, um künftig Steuerdaten untereinander austauschen und damit Steuerhinterziehung weltweit besser bekämpfen zu können.

Die Zeiten, in denen Finanzbehörden kaum an steuerlich relevante Informationen aus dem Ausland kamen, sind längst vorbei. Bereits im Oktober 2014 unterzeichneten 51 Staaten eine Vereinbarung, um künftig Steuerdaten untereinander austauschen und damit Steuerhinterziehung weltweit besser bekämpfen zu können.

Mit dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG) liegt mittlerweile das passende Werkzeug "auf dem Tisch". Auf der Liste der teilnehmenden Länder stehen sämtliche Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie zahlreiche Nicht-EU-Länder, die ebenfalls die Voraussetzungen für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuerangelegenheiten erfüllen. Die sogenannte Staatenaustauschliste umfasst in diesem Jahr 111 Länder - erstmals sind Georgien, Kenia und Thailand dabei.

Hinweis: Abrufbar ist die Liste auf den Webseiten des Bundesfinanzministeriums und des Bundeszentralamts für Steuern (empfohlener Suchbegriff: FKAustG).

Der automatische Datenaustausch für den Meldezeitraum 2023 erfolgt am 30.9.2024. Von den Finanzinstituten gemeldet werden müssen die entsprechenden Daten wie beispielsweise Kontonummer, Kontosaldo sowie Name, Adresse, Steuer-ID, steuerlicher Wohnsitz und Geburtsdatum.

Die deutschen Finanzinstitute übermitteln ihre Daten an das Bundeszentralamt für Steuern, anschließend folgt der elektronische Austausch mit anderen Staaten. Dadurch erhalten die jeweiligen Behörden aller gelisteten Staaten Informationen über mögliche Konten oder Transaktionen im Ausland. Deutschland erhält spiegelbildlich die Daten von den anderen teilnehmenden Staaten. Unbeschränkt steuerpflichtige Personen müssen auch ausländische Einkünfte in ihrer Steuererklärung angeben.

Hinweis: Durch den Informationsaustausch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass nicht angegebene Konten und damit verbundene verschwiegene Einkünfte entdeckt werden. Dies kann für die Betroffenen unangenehme Folgen haben - die Palette der Konsequenzen reicht von Steuernachzahlungen mit möglichen Zinsen bis zur strafrechtlichen Verfolgung wegen Steuerhinterziehung. Letzteres kann Geldstrafen und in schwerwiegenden Fällen sogar Freiheitsstrafen nach sich ziehen.

Wer dem Fiskus bislang steuerpflichtige Auslandseinkünfte verschwiegen hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen mit einer Selbstanzeige ein Strafverfahren verhindern. Einkommensteuernachzahlungen und gegebenenfalls Zinsen werden aber dennoch fällig. Da eine Selbstanzeige strenge Anforderungen erfüllen muss, um wirksam zu werden, sollte unbedingt der steuerliche Berater eingeschaltet werden.

Information für: alle
zum Thema: übrige Steuerarten

(aus: Ausgabe 10/2024)

E-Roaming: Kommissionsmodell und komplexe Leistungsketten bei E-Fahrzeug-Ladepunkten

Im Kontext der Umsatzsteuerproblematik bei der Nutzung von Karten oder Applikationen zum Aufladen von Elektrofahrzeugen stellt sich die Frage, wie die Umsätze zwischen den Beteiligten steuerlich korrekt zu behandeln sind. Dies betrifft insbesondere eine aktuelle Rechtssache, die den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigt und in der es um die Rolle eines Unternehmens als Kommissionär bei der Abwicklung von Ladevorgängen geht.

Im Kontext der Umsatzsteuerproblematik bei der Nutzung von Karten oder Applikationen zum Aufladen von Elektrofahrzeugen stellt sich die Frage, wie die Umsätze zwischen den Beteiligten steuerlich korrekt zu behandeln sind. Dies betrifft insbesondere eine aktuelle Rechtssache, die den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigt und in der es um die Rolle eines Unternehmens als Kommissionär bei der Abwicklung von Ladevorgängen geht.

Im Besprechungsfall ermöglicht die deutsche Gesellschaft Digital Charging Solutions (DCS) Nutzern von Elektrofahrzeugen in Schweden den Zugang zu einem Netzwerk von Ladepunkten. Diese Ladepunkte werden von dort ansässigen Ladepunktbetreibern zur Verfügung gestellt. DCS stattet die Nutzer mit einer Karte und einer Authentifizierungsapplikation aus, über die die Ladevorgänge registriert und abgerechnet werden. Die dem EuGH vorgelegte Frage betrifft die umsatzsteuerliche Behandlung dieser Umsätze.

Ladevorgänge von Elektrofahrzeugen beinhalten neben dem reinen Ladeprozess zusätzliche Dienstleistungen wie die Bereitstellung der Lade- und IT-Infrastruktur sowie die Überlassung von Standplätzen. Oft ergeben sich komplexe Leistungsbündel und Leistungsketten wie beispielsweise beim E-Roaming-Modell - Ladepunktbetreiber (CPO), E-Mobility-Provider (EMP), Fahrzeugnutzer (EMU) -, das zudem noch weitere Beteiligte umfassen kann. Die umsatzsteuerliche Behandlung solcher Leistungsketten ist weder in Deutschland noch auf EU-Ebene abschließend geregelt. Klar ist nur, dass der CPO eine komplexe einheitliche Stromlieferung an den EMU erbringt, die regelmäßig die Bereitstellung der Ladevorrichtungen und notwendige technische Unterstützung umfasst.

Fraglich ist, ob DCS als Kommissionär oder Käufer auftritt. Die Generalanwältin argumentiert, dass DCS, obwohl das Unternehmen nicht unmittelbar die Elektrizität liefert, als Kommissionär im Sinne der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie agiert. Dies würde bedeuten, dass DCS die Umsatzsteuer nach dem Modell der Einkaufskommission behandeln sollte. Die Generalanwältin ist der Ansicht, dass beide Voraussetzungen hierfür - das Vorliegen eines Auftrags und die Gleichartigkeit der Leistungen - erfüllt sind und somit das Modell der Einkaufskommission zur Anwendung kommt.

Hinweis: Die endgültige Entscheidung bleibt dem nationalen Gericht vorbehalten, welches die genauen Umstände prüfen wird.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Umsatzsteuer

(aus: Ausgabe 10/2024)

Zollrecht und Umsatzsteuer: Bundesregierung beschließt Aufhebung der Freizone Cuxhaven

Das Bundesfinanzministerium hat am 05.04.2024 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Freizone Cuxhaven veröffentlicht. Dieser Entwurf sieht neben der Aufhebung der Freizone auch Anpassungen weiterer zollrechtlicher Vorschriften vor, um diese mit der aktuellen europäischen Gesetzgebung und Rechtsprechung in Einklang zu bringen. Die Änderungen betreffen unter anderem das Zollverwaltungsgesetz, das Truppenzollgesetz, die IT-Verfahren der Zollverwaltung und das Zollfahndungsdienstgesetz. Inzwischen wurde das Gesetz zur Aufhebung der Freizone Cuxhaven von der Bundesregierung beschlossen. Im Folgenden wird auf die umsatzsteuerlichen Konsequenzen der Aufhebung der Freizone eingegangen:

Das Bundesfinanzministerium hat am 05.04.2024 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Freizone Cuxhaven veröffentlicht. Dieser Entwurf sieht neben der Aufhebung der Freizone auch Anpassungen weiterer zollrechtlicher Vorschriften vor, um diese mit der aktuellen europäischen Gesetzgebung und Rechtsprechung in Einklang zu bringen. Die Änderungen betreffen unter anderem das Zollverwaltungsgesetz, das Truppenzollgesetz, die IT-Verfahren der Zollverwaltung und das Zollfahndungsdienstgesetz. Inzwischen wurde das Gesetz zur Aufhebung der Freizone Cuxhaven von der Bundesregierung beschlossen. Im Folgenden wird auf die umsatzsteuerlichen Konsequenzen der Aufhebung der Freizone eingegangen:

  • Lieferungen vom Inland in die Freizone: Nach der Aufhebung der Freizone Cuxhaven werden Lieferungen aus dem Inland in das Gebiet der ehemaligen Freizone nicht mehr als steuerfreie Ausfuhrlieferungen gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG behandelt.
  • Lieferungen aus der bisherigen Freizone: Da die Freizone Cuxhaven nach der Aufhebung zoll- und umsatzsteuerrechtlich zum Inland gehören wird, sind Lieferungen aus diesem Gebiet im Inland steuerbar und im Zweifel steuerpflichtig.
  • Sonstige Leistungen: Leistungen an Unternehmen, die im Gebiet der bisherigen Freizone Cuxhaven ansässig sind und unter die Grundregel des § 3a Abs. 2 UStG fallen, werden nach Wegfall der Freizone im Inland steuerbar. Wenn diese Leistungen aus dem Ausland erbracht werden, ist das Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden. Bei Leistungen aus dem Inland fällt in der Regel deutsche Umsatzsteuer an.

Hinweis: Die Aufhebung der Freizone Cuxhaven bringt signifikante umsatzsteuerliche Änderungen mit sich, die die steuerliche Behandlung von Lieferungen und sonstigen Leistungen betreffen. Unternehmen, die in der Freizone Cuxhaven tätig sind oder Geschäftsbeziehungen zu ihr unterhalten, sollten ihre Prozesse und steuerlichen Praktiken überprüfen und anpassen, um den neuen gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Umsatzsteuer

(aus: Ausgabe 10/2024)

Außenprüfung: Wann eine Änderung aufgrund neuer Tatsachen zulässig ist

Ein Steuerbescheid darf nur dann nachträglich geändert werden, wenn eine Korrekturnorm der Abgabenordnung anwendbar ist. Innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist ist eine Änderung noch weitgehend problemlos möglich, danach müssen besondere Voraussetzungen für eine Änderung erfüllt sein - beispielsweise muss dann eine sogenannte neue Tatsache vorliegen.

Ein Steuerbescheid darf nur dann nachträglich geändert werden, wenn eine Korrekturnorm der Abgabenordnung anwendbar ist. Innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist ist eine Änderung noch weitgehend problemlos möglich, danach müssen besondere Voraussetzungen für eine Änderung erfüllt sein - beispielsweise muss dann eine sogenannte neue Tatsache vorliegen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich entschieden, dass die Art und Weise, in der ein Unternehmer (Einnahmenüberschussrechner) seine Aufzeichnungen geführt hat, eine neue Tatsache ist, wenn sie dem Finanzamt nachträglich bekannt wird.

Geklagt hatte ein Einzelhändler (Einnahmenüberschussrechner), dessen Steuerbescheide erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung ergangen waren. Eine spätere Außenprüfung beanstandete aber seine Aufzeichnungen als formell mangelhaft und führte zu einer Hinzuschätzung. Das Finanzamt änderte daraufhin die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide und begründete die Änderungsbefugnis damit, dass im Rahmen der Außenprüfung nachträglich steuererhöhende Tatsachen bekannt geworden seien.

Der BFH folgte dieser Argumentation im Grundsatz und erklärte, dass bestandskräftige Bescheide nicht nur dann aufgrund neuer Tatsachen geändert werden dürften, wenn sicher feststehe, dass der Unternehmer seine Betriebseinnahmen nicht aufgezeichnet habe. Auch die Art und Weise, wie der Unternehmer seine Aufzeichnungen geführt habe, sei eine neue Tatsache. Dies gilt für Aufzeichnungen über den Wareneingang sowie für sonstige Aufzeichnungen oder die übrige Belegsammlung eines Unternehmers, der seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt.

Hinweis: Ob im vorliegenden Fall tatsächlich eine Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide aufgrund neuer Tatsachen zulässig war, konnte der BFH allerdings mangels hinreichender Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zur Rechtserheblichkeit nicht abschließend entscheiden. Die Tatsache, ob und wie der Unternehmer seine Bareinnahmen aufgezeichnet hat, ist rechtserheblich, wenn das Finanzamt bei deren vollständiger Kenntnis bereits im Zeitpunkt der Veranlagung zur Schätzung befugt gewesen wäre und deswegen eine höhere Steuer festgesetzt hätte.

Da eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts in bestimmten Fällen auch bei (lediglich) formellen Mängeln der Aufzeichnungen über Bareinnahmen besteht, muss das FG im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Unterlagen des geprüften Unternehmers solche Mängel aufwiesen, die zur Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen führen.

Information für: Unternehmer
zum Thema: übrige Steuerarten

(aus: Ausgabe 10/2024)